von Eberhard Löbell
Eberhard Löbell war Ortsvereinsvorsitzender (1985-1996) und Gemeinderat (1989-2004)
1985 wurde ich zum Ortsvereinsvorsitzenden gewählt. Ich bewältigte die Fülle der neu auf mich zugekommenen Aufgaben mit Unterstützung eines engagierten Vorstandes; insbesondere die rührige zweite Vorsitzende Gerda Schneider war unermüdlich tätig.
Von Anfang an befasste sich der Vorstand intensiv mit den Vorbereitungen für das 80 jährige Jubiläum des Ortsvereins, das am 7. September 1986 unter reger Anteilnahme der Bevölkerung und zahlreicher auswärtiger Gäste in der Kaiserstuhlhalle gefeiert wurde. Die Jubiläumsfeier fand wenige Tage nach dem 100. Geburtstag des Ihringer SPD-Ehrenmitglieds Gustav Gumpert statt, der damals auf eine 65-jährige Parteimitgliedschaft zurückblicken konnte.
Es war eine Zeit der Aufbruchstimmung; der Ortsverein mit einer enga-gierten Gruppe aus Merdingen zählte fast 100 Mitglieder. Zahlreiche politische und gesellschaftliche Veranstaltungen prägten das Erscheinungsbild des Ortsvereins in den 80er und 90er Jahren. Hervorheben möchten wir die Feierstunde zum 125-jährigen Jubiläum der deutschen Sozialdemokratie, die im Dezember 1988 im würdigen Rahmen in der Ihringer Winzergenossenschaft stattfand.
Unvergessen sind Wanderungen, Ausflüge, Feste und politische Themenveranstaltungen mit starker Beteiligung von Mitgliedern und Freunden.
Ganz besonders muss hier die Herausgabe der Ortsvereinszeitung „offen gesagt“ hervorgehoben werden. Treibende Kraft bei den Vorarbeiten und verantwortlicher Redakteur von der ersten Stunde an war unser Vorstandsmitglied Emil Waibel, dessen Name, dessen Person untrennbar mit der im Oktober 1987 erstmals erschienenen Zeitung verbunden ist. „offen gesagt“ bezog Stellung zu örtlichen Problemen und zur großen Politik, mitunter wurde auch scharf geschossen und spitz argumentiert.
Der Ortsverein stand in enger Verbindung und regem Gedankenaustausch mit den Abgeordneten in Bund, Land und Kreis. Gernot Erler wurde 1987 mit der vollen Unterstützung des Ortsvereins in den Bundestag gewählt, dem er heute noch angehört – in der letzten Legislaturperiode als stellvertretender Fraktionsvorsitzender und nun als Staatsminister im Auswärtigen Amt. Ulrich Brinkmann war unser Landtagsabgeordneter von 1984 bis zu seinem Tod im Dezember 2000. Sein Nachfolger Christoph Bayer wurde am 26. März 2006, trotz herber Verluste für die SPD im Lande, wiedergewählt. Auf Kreisebene wurden wir über mehr als 20 Jahre bis 1988 vom Ihringer Kreisrat Ernst Jakob vertreten, 1989 folgte ihm Reiner Zimmermann aus Breisach nach.
Im Juni 1988 wurde der 75-jährige Anton Philipp – unser Toni – nach 20-jähriger Kassierertätigkeit aus dem Vorstand verabschiedet und zum Ehren-mitglied ernannt.
Die Kommunalwahlen 1989 waren schon im Vorfeld dadurch gekenn-zeichnet, dass die beiden „Großen Alten“ der Ihringer SPD – Ernst Jakob und Adolf Altroggen – nicht mehr antraten. Der Generationswechsel klappte recht gut ohne Verlust von Mandaten. Gerhard Bühler und Kurt Kuhn wurden wieder in den Gemeinderat gewählt, Emil Waibel und ich kamen neu ins Ratsgremium. Für den Ortsteil Wasenweiler übernahm Thomas Gaisser die Position von Nikolaus Mayer. Im Ortschaftsrat Wasenweiler war die SPD nun durch Alois Lai vertreten.
Mit der Wahl in den Gemeinderat begann für Emil Waibel und mich gewissermaßen eine neue Zeit, vielfach kam es zu einer „neuen Sicht der Dinge“. Man merkte es sicher auch an den Beiträgen in „offen gesagt“; vieles wurde anders angegangen, mancher Sachverhalt musste anders formuliert werden.
Der Tod griff in die Reihen der Mitglieder ein. 1987 starb unser langjähriges Vorstandsmitglied Ernst Jakob („Basse Ernst“), der von 1956 bis 1975 die SPD im Gemeinderat vertrat. Im September 1991 konnte noch der 105. Geburtstag von Gustav Gumpert gefeiert werden, am 17. 12. 1991 verstarb er. 70 Jahre war er Parteimitglied und damit wohl deutschlandweit ältestes Mitglied der Sozialdemokraten. Am 25. März 1993 starb unser Ehrenmitglied Anton Philipp. Völlig unerwartet traf uns der Tod von Ernst Jakob am 10. Juni 1993. Jahrzehntelang hatte er als Rektor der Breisacher Realschule und als unermüdlicher Kommunalpolitiker gewirkt und tiefe Spuren hinterlassen. Unvergessen bleibt sein Einsatz für die Verbesserung der Verkehrsbedingungen in unserem Raum, insbesondere für den Ausbau der B31-West.
Artur Köbele vollendete im November 1993 das 68. Lebensjahr, damit ging seine 36-jährige Amtszeit als Bürgermeister zu Ende. Zur Wahl seines Nachfolgers kandidierte für die SPD Helmut Schöpflin aus Eichstetten. Er unterlag allerdings im zweiten Wahlgang Martin Obert, der 2001 für eine zweite Amtsperiode wiedergewählt wurde.
Im Dezember 1994 mussten wir uns von Ehrenmitglied Adolf Altroggen verabschieden, der den SPD-Ortsverein von 1971 bis 1981 geführt und wie kaum ein anderer geprägt hatte. Von 1962 bis 1989 gehörte er dem Ihringer Gemeinderat an.
Die Kommunalwahlen 1994 brachten die nächste große Herausforderung für den Ortsverein. Wie bei allen Parteien war es auch für uns nicht einfach, eine attraktive Bewerberliste zu präsentieren. Kurt Kuhn und Gerhard Bühler, zwei unserer langjährigen Gemeinderäte, stellten sich nicht mehr zur Wahl. Neben den wiedergewählten Räten Emil Waibel und mir kamen für die SPD Peter Graf und Gerda Schneider in den Gemeinderat. Ein besonderer Erfolg für die SPD bedeutete neben der Wiederwahl von Thomas Gaisser die Wahl von Alois Lai für den Ortsteil Wasenweiler. Auch im Ortschaftsrat wurde die Position der SPD gestärkt: zu Alois Lai kam Marita Kenk hinzu. Im Gemeinderat übernahm ich das Amt des Fraktionssprechers der SPD.
Im September 1994 machten sich unsere Merdinger Mitglieder selbstständig und gründeten mit unserer tatkräftigen Unterstützung einen eigenen Ortsverein.
Bei der Jahreshauptversammlung 1996 stellte ich mich nicht mehr zur Wahl als Vorsitzender des SPD-Ortsvereins, wie ich es bereits zwei Jahre zuvor angekündigt hatte. Emil Waibel war der Mann der Stunde und wurde mit einem eindeutigen Votum zum Vorsitzenden gewählt. Neben der Redaktion von „offen gesagt“ und der Arbeit im Gemeinderat lastete nun ein weiteres Amt auf seinen Schultern.
Am 27. Februar 1997 verstarb nach schwerer Krankheit mit Kurt Kuhn der letzte der „Großen Alten“ der Ihringer SPD. Er leitete den Ortsverein von 1969 bis 1971, war von 1981 bis 1986 stellvertretender Vorsitzender und gehörte dem Gemeinderat von 1980 bis 1994 an.
Bei der Kommunalwahl 1999 gab es für die SPD keine Veränderungen, alle bisherigen Mandatsträger stellten sich wieder zur Wahl und wurden von den Wählern in ihrem Amt bestätigt. Bei der konstituierenden Sitzung gab es dann noch einen Ruck: erstmals wurde mit Peter Graf ein Sozialdemokrat zum zweiten Bürgermeisterstellvertreter gewählt.
Die größte Erschütterung für den Ortsverein war der plötzliche Tod unseres Vorsitzenden Emil Waibel im März 2002. Er hinterließ viele Lücken, die bis heute kaum zu schließen waren. Der Ortsverein geriet regelrecht in eine Krise, mit „offen gesagt“ ging es auch nicht mehr weiter. Im Gemeinderat rückte mit Elvira Röder die nächste Ersatzkandidatin auf der SPD-Liste nach. Es dauerte bis zum Sommer 2003, bis ein neuer Vorsitzender gewählt werden konnte.
Alois Lai, der mehrere Jahre Stellvertreter von Emil Waibel war, führte das Amt zunächst kommissarisch und wurde auf der Jahreshauptversammlung Ende Juni 2003 zum Vorsitzenden gewählt; sein Stellvertreter wurde Hubert Fritz.
Dem neuen Vorstand blieb nicht viel Zeit, die nächsten Kommunalwahlen standen an und wollten vorbereitet werden. Es gelang schließlich, genügend Bürgerinnen und Bürger für eine Kandidatur auf der SPD-Liste zu gewinnen. Ich sah mich genötigt, wegen ernster gesundheitlicher Probleme meine Kandidatur im letzten Moment zurückzuziehen. Die Wahlen am 13. Juni 2004 brachten der SPD ein gutes Ergebnis, sie landete im Gesamtergebnis nur knapp hinter der CDU. Peter Graf und Elvira Röder wurden wiedergewählt, neu hinzu kamen Thomas Schneider und Ingrid Waibel. Für den Ortsteil Wasenweiler wurden Alois Lai und Thomas Gaisser bestätigt. Im Ortschaftsrat blieben unsere bisherigen Mandatsträger Alois Lai und Marita Kenk in ihren Ämtern.
Als besonderen Erfolg bei dieser Wahl kann der Ortsverein das außerordentlich gute Abschneiden der Spitzenleute bezeichnen. Peter Graf erhielt die meisten Stimmen aller Bewerber. Ebenso schnitt Alois Lai als bester Kandidat für den Ortsteil Wasenweiler im Gemeinderat und auch für den Ortschaftsrat ab.
Der Gemeinderat wählte Peter Graf zum ersten Bürgermeisterstellvertreter, der Ortschaftsrat benannte Alois Lai zum Stellvertreter von Ortsvorsteher Richard Jais.